Ficken ist Krieg

ein Nachwort, eher

Sorry das ist falsch. Es müsste eigentlich heißen: Ficken ist wie Krieg und Pazifisten daher unbrauchbar. Ich denke nach und mir fällt auf, dass in dem Fickreigen Erection Perfection niemand gefistet wird. Egal. Oder nein halt. Also in einer SMS vom 15. Juni von mir an Yves Engelschmidt heißt es: „hydraulische schrottpressen alter. ich packs nicht.“ Und bei dieser Meinung bleibe ich.

 

Liebevoll, ja fast zärtlich sucht der Autor dieser Kurzgeschichten nach allen nur erdenklichen Umschreibungen für die männlichen und weiblichen Geschlechtsorgane. Und für das was zwischen diesen passieren kann, zwischen diesen Organen, diesen klebrigen, schmierigen, kleinen oder großen Organen, diesem Gedärm fast. Klar, ein lakonischer Unterton ist kaum zu überlesen. Lakonisch, sarkastisch, geradzu nihilistisch, naiv, niedlich, irgendwie so.

Es handelt sich hier aber nicht um eine Ansammlung von Perversitäten, sondern um eng geführte Short Stories im Sinne von Poe oder Chandler – mit Twists auf dem letzten Satz und allen anderen feinen Spielereien dieser Gattung. Abgründe tun sich auf und in diese wird dann hineinpenetriert. Anders: Menschen werden in ihre atomaren Bestandteile zerfickt. Aber genau wie bei Kollege Bukowski entsteht kein Gefühl von einem verächtlichen Blick oder einem Aufzeigenwollen von unwidrigen Verhältnissen.

 

Es gibt keine Bewertungsmatrix, keine Moral, keine Kondome. Die Figuren sind abgefuckt, die Erzählstimmen sind abgefuckt und bezeichnen ihre Umwelt gerade so, wie sie ihnen erscheint: verwahrlost oder heilig. Politische oder poetische Korrektheiten sind hier so unbrauchbar wie Gleitgel, solange es Spucke gibt. Und wenn sich herausstellt, dass es die Großmutter war, die hinter dem Glory Hole ihren Dienst am Schwanz verrichtete, dann wirkt das unglaublich liebevoll und zärtlich. Und plötzlich ist jemandes Lächeln eine Anspielung auf die Sonne. Da kann ich nicht anders, als das alles sehr sehr schön zu finden. Auch wenn ich danach wieder abgestoßen werde von Inszest und Frauenfeindlichkeit.

 

Vielleicht transportieren diese Texte aber eine ganz einfache Botschaft: Wir sollten mehr Sex haben. Und dabei nicht allzu kleinlich sein. Und zwar solange bis wir eben tot sind und keine Angst mehr vor Tabus oder Körpern oder ihren Wirkungen auf andere Körper haben.

 

- Jackop Nolte

© 2014 Endboss Taschenbuch Verlag