Erection Perfection
Anstatt Abends noch zu wichsen,
mach ich jetzt das.
Es war der Tipp meines Schwagers. Das Raststättenflair erzielte bei mir keine besonders erregende Wirkung. Ich betrat das kleine, gekachelte Toilettenhäuschen. Nur die Neugierde hatte mich hierher geführt. Es roch nach Pisse und tiefreichender Verzweiflung. Wegen des omnipräsenten Gelbstiches der einst weißen Fliesen, dachte ich unweigerlich an einen alten Freund. Er war ein solcher Natursektfanatiker, dass sich nach all den Jahren schon Urinstein auf seinen Zähnen abgelagert hatte. Sein Lächeln war eine fulminante Anspielung auf die Sonne. Diese und andere merkwürdige Gedanken mit einem unheimlich im Raum verhallenden Pfeifen überspielend, betrat ich die letzte Toilettenkabine der fortlaufenden Reihe. Neben unzähligen Kritzeleien wie „Natursekt schmeckt“ (mein Freund war also auch schon hier), oder „Juttas Titten spenden Zuversicht“, war auch jene, für mich bis dato unbekannte Kuriosität eines Glory Holes vorhanden. Noch immer unschlüssig, hielt ich meine kleine, unerigierte Wurst in der Hand. Man kann doch nicht einfach sein Ding in ein unbekanntes Loch stecken. Als ich noch einmal meine Gedanken diesbezüglich schweifen ließ, erschien es mir zwar durchaus schlüssig, jedoch auch äußerst inkonsequent. Von welchem Loch könnte man mit Recht behaupten, es genaustens zu kennen? Aber auch diese Gedanken waren nicht sonderlich förderlich. Ich entschloss mich, die Sache genau so zu handhaben, wie bei meiner Cousine, meiner dicken Nachhilfelehrerin oder der alten Maschotzki von nebenan: rein das Ding, der Rest ist Schicksal. Zunächst passierte nichts. Völlig sinnlos baumelte meine Magerblutwurst in schwarzer Ungewissheit. Doch dann spürte ich, wie sich ein heißer Atem meiner Eichel näherte. Ablowwithyalips Now. Nichts auf dieser Welt hatte je ein solches Wonnegefühl in mir ausgelöst. Die schönsten und oralbegabtesten Frauen dieser Erde fusionierten hier direkt vor mir (ungesehen) zu einem nie da gewesenen Lustschlund. Die Zunge hatte mindestens den Rotationsquotienten eines Helikopters. Was dort geschah, war eine Absaugung Deluxe. Für die ganze Nummer, so hatte es mir mein Schwager erklärt, sollte man mindestens 20 Euro in die kleine Schüssel werfen, die auf dem Stehtisch im Eingangsbereich stand. Ich gab sogar noch ein kleines Trinkgeld oben drauf (insgesamt 22,38). Doch nach erster Euphorie ergriffen mich bereits
verschwörerisch anmutende Zweifel. Vielleicht war das ganze nur ein billiger Trick, um gewinnbringend Samen für die Samenbank abzugreifen.
Doch gerade, als ich im Begriff war, den Rastplatz zu verlassen, sah ich, wie eine wunderschöne Frau mit arschlangen braunen Haaren und der Gesichtsdarbietung einer teuflischen Sexgottheit den besagten Toilettenpavillion verließ. Sie hielt einige Geldscheine in ihrer Hand. Ich war heilfroh. Erst jetzt fiel mir auf, dass die ganze Sache ja auch von einem Mann hätte bewerkstelligt werden können.
Von nun an kam ich häufiger.
Ein bestimmtes Gefühl erwuchs in mir. Nicht selten hinterließ ich im Eingangsbereich einen Strauß Blumen oder andere Dankesbekundigungen. Jeden Tag verließ die Suckyzuckykönigin den Palast der Lutschekstase kurz nach mir, immer mit einem kleinen Geschenk in der Hand. Eines Tages beschloss ich, ihr nachzufahren. Es dauerte eine Weile, bis ich alle nötigen Fakten beisammen hatte: wo sie wohnte, was ihre Lieblingslokale und ihre Vorlieben waren. An einem Montag war es dann soweit. Rein zufällig begegnete ich ihr in ihrem Stammlokal. Zwei Gläser ihres Lieblingsgetränkes standen vor mir auf dem Tisch. Nach einigen Blickkontakten überzeugte ich sie, sich zu mir zu setzen. Alles, was von nun an folgte, war nicht weniger als der Beweis ihrer Traumfrauhaftigkeit. Unsere Beziehung überwand schnell den Status einer flüchtigen Bekanntschaft. Im Grunde war es mir egal, dass sie mehreren dutzend Schwänzen täglich wohl überhaupt erst die Berechtigung zu existieren gab. Doch im tiefsten Inneren meines Herzens sehnte ich mich nach geblasener Monogamie. Am Abend jedoch, als sich der erste Beischlaf ankündigte und es zum vorspielerischen Oralverkehr kam … war bereits alles vorbei. Es war fürchterlich, denn: SIE WAR ES NICHT. Ich stellte sie zur Rede. Unter Tränen gestand sie mir: „Ich bin sozusagen nur die Strohpuppe“, sagte sie.
„Und wer …?“
„Meine Großmutter.“
Ich rotzte ihr noch schnell ins Gesicht und ließ sie zurück. Als ich das Toilettenhäuschen betrat, kam mir ein Mann schwer schwärmerisch lächelnd entgegen. Ohne anzuklopfen durchschritt ich die Tür, auf der „Nur für Personal“ stand. Eine rüstige alte Dame des klassischen Typus eines braven Großmütterchens nahm mich ein wenig verwundert, aber höflich in Empfang. Doch ihre Augen … Sie wusste, dass ich es wusste. Ich öffnete meinen Hosenstall und sie nahm das Gebiss heraus.
© 2014 Endboss Taschenbuch Verlag